Überraschendes Design: die Verwandlung des ThinkPad im Jahr 1995
Das Jahr 1995 bedeutete eine Revolution für die Technikwelt. Eine kleine unbekannte Firma namens Amazon.com verkaufte ihr erstes Buch auf einer neu gestarteten Internetsite. Zur gleichen Zeit unternahm die Online-Dating-Szene mit Match.com die ersten Schritte in bisher unbekanntes Terrain. Es war auch das Jahr, in dem das ThinkPad-Entwicklungsteam die Wahrnehmung dessen, wie ein Notebook aussehen könnte, völlig veränderte: Das 701C ersetzte althergebrachte Ideen durch überraschende Innovation.
Während definitiv Veränderung in der Luft lag, trat die Branche in einem bestimmten Bereich weiter auf der Stelle. Bei Notebooks verkaufte bis zum Beginn der 1990er Jahre fast jeder Hersteller dasselbe Clamshell-Design. Notebooks unterschieden sich äußerlich kaum voneinander: Nach dem Aufklappen hatten sie alle oben einen Bildschirm und unten eine gleichgroße Tastatur. Das Problem mit dieser Anordnung bestand jedoch darin, dass die Notebook-Bildschirme damals recht klein waren, was ebenso kompakte Tastaturen erforderte, deren Tasten eng beieinanderlagen.
Die Inspiration kam dem brillanten Designer beim Spiel mit den Bauklötzen seiner kleinen Tochter: Dies war die Geburtsstunde der geteilten „Butterfly“-Tastatur, die weniger später im ThinkPad 701C realisiert wurde. Der Geistesblitz kam ihm beim Zusammenschieben zweier dreieckiger Bauklötze zu einem Rechteck. Am nächsten Arbeitstag nahm er mit einem Fotokopierer den Umriss seines ThinkPad und zerschnitt ihn mit einer Schere diagonal. Der Rest war, wie man so schön sagt, eine Sternstunde der Geschichte.
Mit dieser unglaublichen Entdeckung gelang es Karidis, eine 29 cm lange Standardtastatur in einem nur 25 cm breiten Notebook unterzubringen. Die geteilte Butterfly-Tastatur gleitet zusammen und entfaltet sich dann beim Öffnen des Geräts wie Schmetterlingsflügel. Beim Schließen wird sie wieder geteilt, und die zwei Hälften gleiten in ihre Ausgangsstellung zurück.
Das unkonventionelle Notebook entwickelte sich schnell zum Publikumsliebling, fand ein großes Medienecho und wirkte sogar in einem James-Bond-Film mit. Das ThinkPad 701C begeisterte die Menschen und wurde zum meistverkauften Notebook des Jahres 1995. Zwar dauerte der Boom nur kurz, weil bald darauf Geräte mit größeren Bildschirmen auf den Markt kamen, die auch größere Tastaturen ermöglichten. Aber die Wirkung der Butterfly-Tastatur hält bis heute an.
Das einzigartige Merkmal verbreitete sich in verschiedenen Abwandlungen und setzte einen neuen Maßstab für die Branche, weil die Anbieter nun verstärkt über die Verbesserung der Benutzererfahrung nachdachten. Das gilt umso mehr, als die Butterfly-Tastatur das Verhältnis der Menschen zu „ihrem“ tragbaren Computer völlig veränderte und ihm einen emotionalen Aspekt verlieh. Es war bahnbrechend und innovativ, aber eben auch praktisch – eine Denkweise, die auch bei der Entwicklung der heutigen ThinkPads noch Pate steht.